K

Kolumne: The Good (Instagram) Life

enthält werbung

Freitag:

Ich öffne Instagram, scrolle durch meinen Feed. Posts von sonnengebräunten Bikinibodys, Spaß am Pool oder im Meer, Palmen, lachende Menschen. Alles das, was eigentlich unter dem Hashtag #thegoodlife Impulse und Inspiration für das eigene Leben geben sollte (so habe ich das zumindest bis jetzt gesehen) deprimiert mich plötzlich so sehr, dass ich am liebsten das iPhone gegen die nächste Wand werfen würde.

Während die anderen offensichtlich alle am Meer sitzen und bei 34 Grad ein scheinbar sorgenfreies Leben führen, sitze ich in Hamburg am Schreibtisch, schaue zu wie die Regentropfen an meiner Fensterscheibe abperlen und hadere mit meiner Zukunft. Eigentlich wollte ich auch noch einmal raus, zumindest für vier Tage. Aber Hochsaison und last minute, gepaart mit wenig Geld, sind keine guten Voraussetzungen.

Ich fühle mich langweilig. Und irgendwie uncool. Und weil ich gerade dabei bin, steigere ich mich  da rein. Sowas kann ich ziemlich gut. Ich neige zu schwarz weiß Denken. Noch so eine Sache, die ich abstellen sollte. Entweder bin ich richtig happy, oder eben so gar nicht. Und so klicke ich weiter durch meinen Feed und denke über Likes und Follower nach. Vergleiche mich. Frage mich, ob ich etwas falsch mache. Frage mich, ob es an den fehlenden Palmen liegt. Und bin direkt noch ein bisschen deprimierter. Plötzlich haben alle mehr. Sind glücklicher als ich. Und erfolgreicher sowieso. Wie war das noch mit dem grünen Gras und dem Zaun?

Aber wenn ich schon nicht im Urlaub bin, wäre ich eben gerne richtig produktiv und erfolgreich. Weiter gehts mit der Story einer Bloggerin, die vermutlich auch weit davon entfernt ist Millionärin zu sein, aber immerhin davon leben kann. Sagt sie jedenfalls. Glaubt man ihren Bildern auch gar nicht mal so schlecht. Sie erzählt heute davon, wie hart das Leben als Selbstständige ist. Quasi ein 24/7 Job. Und dann sagt sie, dass all die jungen Frauen, die sich heutzutage Selbstständig machen wollen, denken, dass es dabei nur darum ginge grüne Smoothies in die Kamera zu halten, auszuschlafen und sich ein leichtes Leben zu machen. Instand sehe ich mich als blöde Schnepfe an, die keine Ahnung und schon gar keinen Erfolg hat. Obwohl ich grüne Smoothies echt ekelig finde und eigentlich auch gar kein Problem mit viel Arbeit habe. Ich sollte das lieber gleich lassen. Ich scrolle mich durch ihren Feed. Mindestens fünf Länder scheint sie dieses Jahr dennoch bereist zu haben. Und das angeblich als Urlaub. Oder doch einfach die Kennzeichnung vergessen? Hin oder her, immerhin hat sie was erlebt. Ich sollte mich wirklich mit anderen Dingen beschäftigen und klicke erstmal auf ababonnieren. Aber auch das macht mich jetzt nicht gerade glücklicher. Und schon springt mir der nächste Channel ins Auge. Chaneltasche, Bikini, Pool. Und eine Caption, die vom harten Bloggerleben berichtet. Ich schließe Instagram. Wir werden heute keine Freunde mehr. Mit dem Gefühl gehe ich ins Bett und schlafe schlecht.

Samstag:

Ich wache viel zu spät und mit ähnlichen Gefühlen auf. Kaum bin ich aus dem Bett gestiegen begrüßt Emmi mich, als ob ich mindestens sieben Tage verschwunden gewesen wäre. Immerhin eine von uns hat gute Laune. Wieso auch nicht. Palmen interessieren Emmi nicht. Social Media erst recht nicht. Gassi, Frühstück, neuer Blick auf die Perspektiven. Die Sonne scheint immer noch nicht, aber eigentlich ist mein Leben sonst ganz gut. Eigentlich bin ich heute der Mensch, der ich früher immer sein wollte. Und ich frage mich:

Wäre ich ohne Social Media glücklicher? Sollte ich das mit dem Blog sein lassen? Vielleicht mal einen Gang zurückschalten? Würde ich mich nicht permanent mit #thegoodlife konfrontieren, hätte ich dann weniger Ansprüche?

Urlaub an der Ostsee statt Malediven, Solarium statt echte Sonne, Takko Fashion statt permanent nach der neusten Chloé Tasche geiern. Es gibt genug Menschen, die auch damit glücklich sind.

Ich muss lachen. Nein, auch ohne Social Media wäre das nicht meine Welt. Und langsam verschwinden Neid, Missgunst und Co. Eigentlich ist Instagram eine ganze Kiste voll Inspiration und Motivation. Mal schauen, was es noch so gibt da draußen. Und dann entscheiden. Es ist ein bisschen so, wie als Kind im Süßigkeitenladen. Man konnte niemals alles haben. Aber anschauen und die leckersten Bonbons rauspicken reicht auch völlig aus. Und irgendwoher muss der Ansporn für das nächste Bonbon ja kommen.

Natürlich gibt es die, die schon als Kinder den ganzen Laden mitgenommen haben und jetzt 24/7 ihr geiles Leben feiern. Die meisten sind aber einfach nur im Urlaub. Natürlich gibt es diejenigen, die hart für ihre Selbstständigkeit arbeiten und sich jeden grünen Smoothie mehr als verdient haben. Aber eben auch viele, die mit ihrem angeblichen online Business überhaupt nichts verdienen, sich aber bis unter beide Ohren aufplustern, wichtig tun und darüber hinaus einfach viel Glück im Leben hatten. Im Grunde ist es auch völlig egal, wen man da gerade vor sich hat. Was zählt ist, dass man mit dem eigenen Leben zufrieden ist. Und egal wie hübsch die letzten neuen Bilder auf Instagram sind: Das ist immer nur ein Teil der Story!



Sonntag:

Ich sitze auf dem Sofa, habe mal wieder mein iPhone in der Hand und lese die Nachricht einer jungen Australierin, die ihre Social Media Accounts vorerst deaktiviert. „Bin langsam am geschönten Bild von Instagram und den Anforderungen aus dem Alltag zu Grunde gegangen.“ Ich muss lächeln. Glücklicher Weise dauerte meine Instagram Depression nur einen Tag.

instagram depression

MerkenMerken

MerkenMerken

CategoriesAllgemein
Jana Kalea

Jana ist Reise- und Lifestylebloggerin, Fotografin, Online Marketing Expertin und Generalistin. Hin und wieder ist sie in ihrer Wahlheimat Hamburg anzutreffen. Viel lieber ist die geborene Rheinländerin aber unterwegs. Am liebsten da, wo es warm ist. Natürlich immer mit Kamera und Macbook.

  1. Kristina says:

    Ein sehr toll geschriebener Post 🙂 Ich leide auch hin und wieder an einer „Instagram-Depression“, am besten lässt man dann Social Media Social Media sein und nimmt sich eine kleine Auszeit. Und wie du richtig sagst: Am wichtigsten ist, dass man am Ende des Tages mit seinem eigenen Leben zufrieden ist.
    Liebe Grüße ♡Kristina
    TheKontemporary

  2. Theresa says:

    Hey:) Du sprichst mich so aus der Seele! Ich habe wochenlang nur in meiner dunklen wohnung gehockt, gelernt und keine Sonne gesehen weil es nur geregnet und gestürmt hat. Ich habe mir vorgestellt wie es wäre, wenn ich einfach mal irgendwie rauskommen könnte und habe immer gedacht ich müsste erst in den Flieger steigen, damit alles besser wird. Ich glaube, das wichtigste ist, dass man seine Gedanken kontrolliert. Dass man sich immer mal wieder zurück erinnert, dass das auch viel scheinwelt ist und dass man nicht schlechter als andere ist. Ich fühle so mit dir und finde es toll, dass du das geteilt hast. Diese Hamburg- Schietwetter Laune hilft da echt nicht weiter bei so schönend urlaubsfotos 😛 🙁 Gib einfach nie nie nie auf für deine Träume zu kämpfen. Auch jeder kleine Schritt ist ein erfolg, weil er dich näher an dein Ziel bringt. Ganz liebe Grüße, Theresa

    1. Jana Kalea says:

      Du hast so Recht! Ein Grund warum ich einfach mal darüber schreiben wollte ist, dass ich mir sicher war, dass es vielen so geht. Denn mal ganz ehrlich: Die ganze Zeit am Pool liegen und von A nach B jetten können sich in der Realität wohl nur die wenigsten von uns leisten.

      Liebe Grüße und trotzdem hoffentlich noch ein bisschen Sommersonne an dich <3

  3. Toll geschrieben, ich fühle ganz mit dir, hab mich im vorletzten Post auch mal zu dem ganzen Social Media Thema geäußert. Ich denke das wichtigste ist, den richtigen Umgang für sich damit zu finden.
    Gerade Instagram hat mich in letzten Zeit mehr runter gezogen, als dass es mich positiv inspiriert hat, weswegen ich eine Woche ,,detox“ durchgeführt habe.
    Jetzt ist mein Account wieder aktiviert, ich habe allerdings meine follower Liste stark aussortiert, sodass ich jetzt nur noch den Leuten folge, die mir gute Laune bereiten:)
    Liebe Grüße und eine schöne Woche!
    https://soulstories-amandalea.blogspot.de

    1. Jana Kalea says:

      Klingt nach einem guten Plan. Meine Follower Liste muss ich auch mal wieder neu sortieren. 🙂

      Liebe Grüße
      Jana

  4. amely rose says:

    Ach es ist immer so schön ehrliche Worte zu lesen.
    Da merkt man, dass man nicht alleine ist. Und ich kann dich absolut verstehen, ich fühle mich aktuell genauso. Gerade im Sommer finde ich es immer echt schwer, wenn einem die schönen summervibes nur so um die Ohren gehauen werden und man selber zu Hause geblieben ist. Auch wenn man sich für etwas wichtigeres entschieden hat, wie Uniprüfungen oder eben einfach was später weg fährt, fühlt man sich einfach nur elend.
    Mir versaut es auch oft die Motivation, weil ich genervt einschlafe, genervt aufwache und dann merke, dass ich doch schon längst tausend andere Sachen machen könnte…
    Ich frage mich auch wie lange Instagram noch so „überlebenswichtig“ sein wird und mehr noch, ob danach etwas „schlimmeres“ kommt.

    alles Liebe deine Amely Rose

    1. Jana Kalea says:

      Irgendwie hast du leider Recht. Natürlich gibt es noch eine ziemlich große Welt außerhalb von Instagram, aber für immer mehr Leute scheint der Feed, der im Grunde ja nur aus ein paar mehr oder weniger professionellen Fotos besteht, das Maß aller Dinge zu sein. Immer wenn ich erzähle, dass ich blogge geht es automatisch um Instagram, obwohl mein Blog mir eigentlich viel wichtiger ist. Was danach kommt ist eine gute Frage, die ich mir auch immer öfter stelle.

      Liebe Grüße
      Jana

  5. Salvia von Liebstöckelschuh says:

    Lustig, da bin ich ziemlich immun dagegen. Instagramaccounts mit einheitlich durchgestylten Lifestylebildern wecken in mir weder Sehnsucht noch Neid auf diesen IG-Lifestyle. Ich schaue mir lieber die weitgehend echten Accounts an, die vom richtigen Leben erzählen und nicht die, auf denen einem ein Werbefoto nach dem anderen entgegenlacht – gleichgültig ob gekennzeichnet oder nicht.
    Liebe Grüße
    SvL

    1. Jana Kalea says:

      Ich glaube wir alle zeigen nicht unbedingt unsere Ängste, Misserfolge oder Pleiten. Natürlich zeige auch ich lieber Bilder von meiner letzten Reise als mein ungeschminktes Gesicht um 7 Uhr morgens. Ich finde aber gar nicht, dass stylische „professionelle“ Accounts unbedingt weniger echt sind, als die von Personen, die vielleicht nicht über das Hintergrundwissen im Bereich Fotografie und Photoshop verfügen. Und Werbung ist davon ja total unabhängig. Ich denke vielmehr, dass man sich immer wieder klar machen muss, dass Instagram eben nicht 100% das echte Leben ist. Egal um welchen Account es geht. Das ist aber völlig ok, denn dafür wurde Instagram ansich ja auch gemacht. Wichtig ist, dass wir nicht vergessen, dass das Real Life eben aus mehr besteht, als viereckigen Bildern und kleinen Fetzen aus der Story. 🙂

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert