H

Heimat

enthält werbung
twentysomething-kolumne-heimat

Heimat ist ein großes Wort. Heimat und zu Hause können zwei völlig unterschiedliche Dinge sein, die man trennen muss, sagen einige. Und das Heimat und zu Hause nicht das Gleiche sind, ist in meiner Generation völlig normal. Ist das wirklich so? Während des Umzugs und eigentlich immer dann, wenn ich gerade umziehe, denke ich über „Heimat“ nach. Wo ich herkomme und wo ich hinwill. Und ob jede Abbiegung die ich genommen habe die richtige war. Und wenn ich so darüber nachdenke merke ich, dass ich unruhig werde. Ist Hamburg nun eigentlich zu Hause oder Heimat? Was es auch ist: Ich bin mir sicher, dass es nicht mein letztes Kapitel sein wird.

Die Welt ist nicht genug!

Lange dachte ich, dass das eben so ist. Abitur, Studium, zwischendurch und währenddessen hinaus in die Welt. Ich habe in den letzten Jahren in einem Umfeld gelebt, das, berufsmäßig, finanziell oder aus anderen Gründen die Chance hatten, sehr viel von der Welt zu sehen. Und so empfand ich Schule an insgesamt drei verschiedenen Orten, quer in Deutschland verteilt, Gap Year inklusive Work & Travel, studieren wieder an einem anderen Ort, Auslandssemester, Auslandspraktika und ständige Unbeständigkeit als Normalität. Mehr noch: Zwischenzeitlich fragte ich mich, ob es nicht falsch in meinem Lebenslauf aussähe, dass mir während der Schulzeit das obligatorische Auslandsschuljahr in den USA fehlen würde. Ob es mir nicht irgendwann als Schwäche ausgelegt werden würde, dass ich nach dem Abi kein volles Jahr in Australien verbrachte. Ob Dublin als Ort für mein Auslandssemester fancy genug wäre. Und ob Bali als zweites Auslandssemester nicht nach zu viel Spaß und zu wenig Zielorientierung aussehen würde. Erst vor kurzer Zeit, nachdem ich die Uni abgeschlossen hatte, der Blog und damit gleichzeitig der Gedanke irgendwann einmal selbstständig zu arbeiten wuchsen und ich mehr und mehr Leute kennenlernte, die vorher einfach nicht in meinem Bekanntenkreis waren, fiel mir auf: Das ist nicht die Norm. Weg aus der Heimat ist ein Konzept, was immer mehr in Mode kommt. Aber längst nicht von allen gelebt wird. Zum Einen ein Privileg, denn trotz Nebenjobs und Kredit hätte ich das alleine niemals wuppen können. Zum Anderen aber auch ein Fluch. Denn irgendwann weiß man nicht mehr so recht, wo man eigentlich hingehört. Und wenn man weg war stellt sich irgendwann unweigerlich die Frage: Gehe ich wieder zurück? Nach dem Studium scheint die Zeit dafür zu sein. Die viel beschriebene Generation Y, so habe ich vor ein paar Tagen gelesen, hat mittlerweile genug vom Jetset. Heimat statt Hotelzimmer, Pauschalurlaub statt Weltreise auf Lebenszeit. Was aber, wenn man irgendwie gar keine richtige Heimat hat?

Ich hänge. An Menschen, Orten und Dingen

Lustiger Weise bin ich überhaupt nicht der Typ für diese ständige Wanderschaft. Von allen Orten an denen ich war, hat es mir an den kleinen, wo man die Menschen schnell grüßt und die Straßen schnell kennt am besten gefallen. Und ich hänge. An Menschen, Orten und manchmal auch an Dingen. Mein Horrorszenario: Keiner zu Hause, das Haus fackelt ab und mein 27 Jahre alter Teddybär verbrennt. Der ist unersetzbar! An Hamburg hänge ich auch, aber noch nicht so lange wie am Teddy. Und irgendwie auch nicht so intensiv. Ob ich wirklich hier bleiben möchte? Keine Ahnung! Der Vorteil an ständiger Veränderung ist nämlich: Genauso schnell wie ich Menschen, Orte und Dinge vermisse, gewöhne ich mich auch an neue. Und ganz langsam hat es sich eingeschlichen. Ich brauche das irgendwie. Hamburg ist schön. Für jetzt. Die nächsten Jahre. Aber da geht noch was.

Heimat oder zu Hause?

Ich weiß nicht ob es wirklich einen Ort auf der Welt gibt, für den ich ein Heimatgefühl habe. Nicht mehr. Dafür habe ich viele kleine Orte, die mir so vertraut sind, dass sich dort hinkommen wie nach Hause kommen anfühlt. Die Orte, nach denen ich manchmal Sehnsucht habe. Dort, wo ich Wege und Straßen kenne und ein Gefühl von Sicherheit habe. Ein bisschen zu Hause ist Hamburg, wo ich seit sechs Jahren quer durch die Stadtteile ziehe. Ein bisschen zu Hause bin ich in der Neustadt. Auf St. Pauli. Und jetzt auch in Winterhude. Ein bisschen zu Hause bin ich an der Nordsee. Und bestimmt auch in Münster, würde ich irgendwann mal wieder hinfahren. Und in Dublin, wo ich, „fancy“ hin oder her, einige der besten Monate meines Lebens verbrachte. Ein kleines bisschen zu Hause ist auch Mallorca, wo ich irgendwann zwischen Auslandssemester, gescheiteter Beziehung und Studiumszweifeln ein unbezahltes und ziemlich undankbares Praktikum ableistete. Aber immerhin war es warm, die Sonne schien und wer kann schon von sich behaupten einen Sommer lang am Ballermann gelebt zu haben. Ein kleines bisschen zu Hause ist tatsächlich auch Bali, wo es mich irgendwie immer hin zurückzieht. Und letztendlich auch das Rheinland. Denn da komme ich ursprünglich her. Natürlich kenne ich nicht alle diese Orte in- und auswendig. Streng genommen verstehe ich, bis auf einige Bruchstücke, noch nicht einmal die Sprache der Balinesen. Aber das ist ok. Was zu Hause ist, das kann man ja niemandem vorschreiben. Ich entscheide, wo ich mich zu Hause fühle.

Zu Hause ist überall. Heimat ist Ansichtssache.

Viel wichtiger als das ist außerdem: Egal wo ich hinkomme, egal wo ich hingehe weiß ich, dass dieser Ort irgendwann auch ein kleines zu Hause werden wird. Die einen mehr, die anderen weniger. Unabhängig von Zeit oder Entfernung.

Und Heimat? Wenn mich in Hamburg jemand fragt, wo ich eigentlich herkomme, dann sage ich meistens aus Köln. Genau genommen ist das falsch. Geboren wurde ich in Leverkusen. Da das auf der Landkarte aber irgendwie doch nicht jeder einordnen kann (meistens werde ich dann dem Ruhrpott zu sortiert, für den ich insgesamt wenig heimatliche Gefühle pflege), sage ich meist, dass ich aus Köln komme. Damit können die Leute wenigstens was anfangen. Im Grunde genommen ist es aber auch völlig egal, da ich Köln genauso gut oder schlecht kenne wie Leverkusen. Bin ich irgendwo im Ausland unterwegs, ist meine Heimat sowieso einfach Deutschland. Und wenn ich ganz weit weg bin, dann ist es manchmal auch einfach nur noch Europa. Ich bin kein Globetrotter. Kein Jetsetter und auch kein Vielflieger. Aber ich bin so aufgewachsen. Und ich weiß, dass ich damit nicht alleine bin. Und vielleicht ist es das, was mich und die Heimatlosen meiner Generation so vom Rest unterscheidet.

Top | BH | Uhr 

CategoriesAllgemein
Jana Kalea

Jana ist Reise- und Lifestylebloggerin, Fotografin, Online Marketing Expertin und Generalistin. Hin und wieder ist sie in ihrer Wahlheimat Hamburg anzutreffen. Viel lieber ist die geborene Rheinländerin aber unterwegs. Am liebsten da, wo es warm ist. Natürlich immer mit Kamera und Macbook.

  1. Danie says:

    Ich versteh absolut was du meinst.

    Ich bin zB in Linz geboren, habe in Rechberg (Gaaaanz kleiner Ort in Oberösterreich) gewohnt und seitdem in Perg (Mittelgroße Stadt nähe Linz, Oberösterreich). Ich wohne zwar nicht mehr in Perg, fühle mich aber immer noch als Pergerin. Da Perg sowieso NIEMAND kennt, habe ich auch den Blog usw unter Linz geführt, die Bundeshauptstadt von Oberösterreich sagt dann vielleicht schon eher jemanden etwas.

    Ich fühle mich also als Pergerin geboren, lebe aber jetzt im 60 KM entfernten Eferding (wiederum 20 km bei Linz aber andere Richtung).

    WIRWAR hin oder her, was ich sagen möchte, ist, dass man sich doch seine Heimat selbst aussucht und auch wenn man dort nicht mehr wohnt, es dennoch seine Heimat bleibt 🙂

    LG Danie von http://www.daaaniieee.at

    Ich hoffe ich hab dich nicht zuviel verwirrt 🙂

  2. Heidi says:

    Ein super schöner Post! Dein Foto hab ich ja bereits auf IG gelobt <3 aber ich weiß was du meinst obwohl bei mi das genau Gegenteil der Fall ist. Ich hab nur eine Heimat und in die zieht es mich doch immer wieder zurück. Ich kann zwar für eine Weile mal hier und dort sein und empfind es auch nicht wirklich als schlimm, aber ich brauch mein zu Hause. Ist glaub ich ein bisschen wie dein Teddy für mich 🙂
    Liebe Grüße,
    Heidi von http://www.wilderminds.de

  3. Iris says:

    Ein wunderschön geschriebener Beitrag und so tiefgründig! Wow! Meine Heimat wird immer Kärnten sein, der Ort an dem ich aufgewachsen bin, die Berge, die ich dort erklommen habe und die vielen Flüsse und Seen in denen ich geschwommen bin. Ich komme immer gerne zurück, aber mein Zuhause ist mittlerweile in Wien. Hier fühl ich mich wohl und hier will ich bleiben! Alles Liebe Iris <3

  4. Nadine says:

    Ein sehr schöner Beitrag. Ich war in meiner alten Heimat schon sehr lange nicht mehr. Aber mich hat es dort eh nicht gehalten. Und ich war eher froh als ich die Chance bekam woanders hinzu können und um dort neu anzufangen. Und nun bin ich dort glücklich wo auch meine Familie ist 🙂
    Liebe Grüße Nadine

  5. Cynthia says:

    Was für ein schöner Beitrag. Meine Heimat ist da, wo ich aufgewachen bin und wo meine Eltern leben – mein Horrorszenario geht sogar noch weiter als deins: Meine Eltern ziehen aus. Oder sie sind irgendwann zu alt und das Haus muss verkauft werden. Absoluter Albtraum. Zurückgehen? Nun ja, aufs Dorf ohne jegliche Internetstruktur…schwierig. LG, Cynthia

  6. Ronja says:

    Sehr schöner Beitrag. Ich lebe schon seit meiner Geburt am gleichen Ort, und kann mir auch nicht vorstellen wegzugehen 🙂
    LG Ronja

  7. Laura says:

    Vielen Dank für diesen Text. Ich kann dich so verstehen. Innerhalb der letzten zehn Jahre bin ich sechsmal umgezogen. Mittlerweile lebe ich in der vierten Stadt. Meine Familie lebt in Süddeutschland aber dort fühle ich mich genauso wenig zugehörig wie hier im Norden. Vielleicht lernt man schneller Menschen kennen, vielleicht ist man anpassbarer, aber manchmal ist es einfach nur ätzend. Manchmal wäre ich gerne so wie die ganzen Mädels, die das Dorf einfach nie wirklich verlassen haben.

  8. Heimat ist für mich der Ort, wo ich meine Kindheit verbracht habe, ich zur Schule gegangen bin und auch heute noch wohne. Dort wo ich mich wohl und geborgen fühle und ich viele, schöne Erinnerungen an früher habe.
    Liebe Grüße
    Sigrid

  9. Lisa says:

    Hallo,
    ein schöner Artikel. Die Heimat ist für mich der Platz auf Erden, an dem ich aufgewachsen bin. Mein zu Hause ist der Ort, an dem ich mit meiner Familie glücklich lebe. Und dieser Ort kann sich dann eben auch ändern …
    Liebe Grüße, Lisa

  10. Schöne Worte, ich denke jeder definiert Heimat und Zuhause anders. Ich lebe zwar derzeit noch in München, der Stadt in der ich aufgewachsen bin, somit würde ich das hier schon als Heimat bezeichnen, Zuhause fühle ich mich hier jedoch nicht wirklich. Als ich das erste Mal in Berlin war, habe ich mich sofort viel mehr zu Hause gefühlt, als in der Stadt, die ich momentan als meine Heimat ansehe. Ich denke auch, dass die Heimatgefühle sich im Laufe des Lebens durchaus verändern können, je nachdem wie die Zeit aussieht, die man am jeweiligen Ort verbringt. Oder es existieren eben mehrere Orte, die für einen Heimat bedeuten. Interessante Thematik.
    Liebe Grüße.
    https://soulstories-amandalea.blogspot.de

  11. Denise says:

    Sehr schöne und tiefgreifende Gedanken!
    Ich lebe zwar schon mein ganzes Leben lang in der gleichen Stadt aber dennoch gibt es so viele Orte auf dieser Welt an denen sich ankommen ein bisschen wie heimkommen anfühlt! Müsste ich mich enscheiden könnte ich eigentlich sonziemlich überall auf der Welt leben-vorrausgesetzt meine Familie ist bei mir denn dann ist irgendwie jeder Ort ein Stück Heimat!

    Viele Grüße
    Denise von
    http://www.lovefashionandlife.at

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert